Wie viele andere auch, bin ich zuvorderst durch die widerlichen, Tiere als fühlende Wesen komplett missachtenden Zustände in der Massentierhaltung zum vegetarischen Essen gekommen. Das großartige Buch „Tiere essen“ von Jonathan Safran Foer (hier eine gute Rezension) hat mir den letzten Anstoß gegeben. Man wird da nicht mit Vorwürfen überschüttet, weil man noch Fleisch mag, sondern umfassend informiert: auf eine emphatische, die Gefühlslage des Noch-Fleisch-Essers nicht diffamierende Art, der man sich kaum entziehen kann, ohne über eigene Konsequenzen in Sachen Ernährung nachzudenken.
Alsdenn: Weg mit Fleisch, Wurst, Speck, Milch, Butter, Eiern und Käse? Ja, das wäre gut und richtig schön konsequent! Allerdings wäre das eine so drastische Umstellung meiner Lebensgewohnheiten, dass ich es nur begrenzte Zeit durchhalten könnte. Für die Aufrechterhaltung der Motivation zum 100%igen Verzicht auf tierische Produkte müsste ich eine neue „vegane“ Identität entwickeln, mich von „Omnis“ (=“Omnivoren, Allesesser“) deutlich abgrenzen, müsste meine Ernährung sehr genau planen, müsste spitzfindig werden und kleinste Spuren von Ei-Klar in Fertigprodukten erkennen, um sie dann zu vermeiden. Nicht mal mehr die Bahn könnte ich guten Gewissens nutzen, weil angeblich in den Bremsbelägen der Züge irgendwelche tierischen Bestandteile verarbeitet sind.
Schritte in die richtige Richtung
Nun ja, um es kurz zu sagen: Dafür bin ich zu alt! :-) Das Extreme überlasse ich in aller Gelassenheit der kämpferischen Jugend und mache mich lieber auf den Weg, eine mir angemessene Form der Reduzierung tierischer Lebensmittel zu finden. Kein Fleisch, keine Wurst, kein Speck zur „Aromatisierung“ von Gemüsegerichten: für mich ist das schon ein Riesenschritt! Und das, obwohl ich zuvor nicht etwa jeden Tag oder auch nur jeden zweiten den „Lappen Fleisch“ auf dem Teller gehabt hätte. Aber luftgetrocknete Salami, durchwachsener Speck, mal hier eine „Wiener“ und da ein Pizza mit Schinken: beiläufig kam doch einiges zusammen. Nicht mal unbedingt in der Menge, aber die Bedeutung dieser Fleisch-Bestandteile trug doch ganz wesentlich zur gefühlten Befriedigung beim Essen bei.
Weglassen genügt nicht!
DAS ist es, was ich zu allererst ändern will – und bis jetzt funktioniert es auch gut. Wobei schon jetzt klar ist: mit bloßem Weglassen ist es NICHT getan. Ich muss mir eine neue Welt des Kochens erschließen, um als Vegetarier genauso zufrieden zu sein wie als Fleischesser. Dafür brauche ich Zeit zum Experimentieren, wobei mich der Ehrgeiz, gleich eine 150%ige zu werden, eher behindern würde. Im Lauf der Zeit kann es dann durchaus immer veganer werden: z.B. hab‘ ich Sojamilch-Produkte entdeckt, die durchaus im Stande sind, hier und da die Milch zu ersetzen.
Im morgendlichen Milchkaffee allerdings schmeckte sie mir nicht. Noch nicht – hab‘ es schon mal mit 50:50 probiert und das war ganz ok! :-)
24. Oktober 2010 um 11:04
Das ist konsequent. Ich bin kein Vegetarier, der sich was gedacht hat, nur so aufgewachsen, nie bis zum Milchverzicht gekommen. Soja ist in den Anbaugebieten vor allem Tierfutter. Heute fließt viel in Biosprit. Im Kaffee habe ich es mehrmals angeboten bekommen. Überzeugt hat es mich nicht. Sollte ich auf Milch verzichten? Ich bin kein Freund von Massentierhaltung, denke aber, dass der Fleischverzehr zum Menschen gehört wie zum Wolf. Massenautomobilisierung finde ich auch recht schlimm, nein schlimmer, nahe am Untergang, aber das einzelne Auto, der Krankenwagen z.B., kann doch prima sein. Soll ich beim Umzug alles selber tragen, weil Autos in Massen schädlich sind?
Die eigene Ernährung bewusst umzustellen, scheint mir insgesamt weniger ein Akt der Weltverbesserung als einer der Selbstveränderung. Wie ich mich selbst verändern will, muss ich auch selbst entscheiden. An die Möglichkeit einer moralische einwandfreien Ernährung glaube ich nicht, wenn diese Moral über den Menschen hinausweisen soll. An Grundtatsache, dass alle Wesen auf der Erde nur leben, wenn sie andere verschlingen (alle einander) ändert sich ja nichts. Wenn viele auf Fleisch verzichten, lindert das allerdings den Hunger unter den Menschen (wenn wir das gesparte Grün nicht wegwerfen oder zu Brennstoff machen), das wäre schon was. Dafür Menschen zu gewinnen, die gerne essen, muss es schmecken. Da bieten sich viele Gelegenheiten (du wirst sie entdecken). Nur zur Milch im Kaffee ist mir bislang nichts eingefallen. Oder in Schokolade. (Drogen eben.) Schade.
26. Oktober 2010 um 00:51
Die Art und Schnelligkeit zur Umstellung entspringt wohl dem Leidensdruck jeder einzelnen Person. Damit dieser auch entstehen kann, muss man nach meiner Einschätzung auch mehr über das Elend in der Massentierhaltung sehen.
Der Leidensdruck z.B. meiner Tochter lag im Heuschnupfen. Als sie von der Wahrscheinlichkeit hörte, als Vegetarier dem alljährlichen schlimmen Wochen zu entkommen, stellte sie um. Heute, nach fast 10 Jahren, ist die Allergie noch nicht ganz verschwunden, aber kein Vergleich mehr zu früher.
Und für mich leidet auf dieser Welt keine Ente mehr, deren Stopfleben ich früher gern aß, und auch keine Pute mehr, deren Fleisch wie früher als gesünder gegenüber dem Schwein vorzogen. Ersatzlos gestrichen, und – es hat garnicht weh getan.
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27. Oktober 2010 um 22:30
Hey,
schöner neuer Blog! Herzlichen Glückwunsch. Es freut mich auch, dass Dir meine „Tiere Essen“-Rezension gefällt.
Kleiner Tipp:
Sojamilch in Caro-Kaffee schmeckt nicht übel und in Chai-Tea oder Yogi-Tee übrigens auch nicht.
Das Problem ist, bei uns zu Hause trinke nur ICH Sojamilch und der Tetrapack leert sich dann immer nur so langsam …
Und in richtigem Kaffee geht Sojamilch m.E. gar nicht. Höchstens in leicht angesüßten Macchiato-Varianten mit sehr viel Milch.
Lieben Gruß und weiter so!
Simone – die vegetarische WORTdealerin
27. Oktober 2010 um 23:22
Danke für die Tipps! Im Yogi-Tee hab ich das noch nicht probiert – wär mal ne Alternative zur zweiten Kanne Milchkaffee. :-)
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