Schon in der S-BAHN in Richtung Friedrichshagen traf ich einen lieben Freund, der ebenfalls „zur Lesung“ unterwegs war. Ich freute mich, sagte aber gleich, dass ich weniger „lesen“ als erzählen würde. Die Rituale der Belletristik-Autoren scheinen mir auf ein „erzählendes Sachbuch“ nicht wirklich zu passen: die Leute kommen ja nicht, um Literatur zu genießen, sondern weil sie sich für’s Thema interessieren.
Anfänglich sah es fast so aus, als hätten nur zwei bis drei Leute Lust gehabt, sich Samstags um 14 Uhr in eine Buchhandlung zu begeben. Zeitgleich fand ja auch das Veggie-Sommerfest auf dem Alexenderplatz statt, eine inhaltliche „Konkurrenz“, von der der Veranstalter bei der Terminplanung nichts gewusst hatte. Binnen zehn Minuten füllte sich der Raum dann aber doch. Alle nahmen auf Klappstühlen Platz und der wagemutige Christoph Berger, der in diesem Jahr entgegen allen Unkenrufen seinen neuen Buchladen „Leselieber“ eröffnet hatte, begrüßte die Gäste und stellte mich vor.
Ununterdrückbarer Husten und ein Honigbonbon
Mein Lampenfieber war mittlerweile verflogen. Wenn ich eine Umgebung mal kenne und die Leute überblicke, ist es kein Problem mehr, von einem Thema zu sprechen, das mich selber sehr interessiert und bewegt. Zum Einstieg hatte ich mich nun doch entschlossen, mal eben das nicht allzu lange Vorwort vorzulesen, da hier das Buch in seinen Teilen kurz beschrieben wird. So zwei, drei Minuten ging das auch gut, dann aber merkte ich, dass ich einen ununterdrückbaren Hustenreiz bekam. Das vorausschauend hingestellte Glas Wasser nützte nichts: bald hustete ich mehr als ich las, ich musste es glatt abbrechen!
Zum Glück bin ich nicht mehr 20 und versinke bei so einem Lapsus gleich in den Boden vor Scham. :-) Ich lud die Leute ein, einfach mal von ihren Fragen und Interessen zu sprechen, die sie zu dieser Veranstaltung motiviert hatten. Das klappte auch gleich ganz gut, ich wurde zur Zuhörerin und bekam außerdem ein Hustenbonbon von Herrn Berger: „Aber da ist Honig drin!“ gab er zu bedenken. Wie froh ich war, unter dem Label „unverbissen vegetarisch“ anstatt „100%ig vegan“ unterwegs zu sein, kann man sich sicher denken!
Im weiteren lief alles glatt, mein Husten hatte sich binnen kurzem verzogen und ich konnte sogar wieder „lesen“, brachte das Vorwort zu Ende und las auch noch ein ganzes Kapitel über den vermeintlichen „Verbraucherwillen“, in dem all die Schrecklichkeiten heutiger Nutztierhaltung aufgezählt werden.
Interessierte Menschen, die sich auch beteiligen
Eigentlich hatte es geheißen, die Veranstaltung würde kaum mehr als eine gute halbe Stunde dauern. Tatsächlich wurden es interessante eineinhalb Stunden, bevor alle Fragen beantwortet und viel Austausch quer durch die Themen „anders essen“, Massentierhaltung und Gesundheit statt gefunden hatte. Auch die Frage, was man persönlich, aber auch politisch tun kann, fehlte nicht. Es war ein sehr freundliches, angenehmes, zur Beteiligung bereites Publikum und insgesamt – mal abgesehen von der Hustenphase – eine tolle Veranstaltung.
Danach hab‘ ich sogar ein paar Bücher „signieren“ müssen. Noch so ein Ritual, bei dem ich mich zusammen reissen muss, denn ich schreibe ja seit Jahrzehnten nichts mehr mit der Hand. Entsprechend verhunzt ist meine Schreibschrift… naja, es ist mir grade noch gelungen, halbwegs leserlich zu schreiben.
1. September 2013 um 12:19
Habe ich doch prophezeit :-)
Liebe Grüße von Elvira