Auf Telepolis ist heute ein interessantews Interview mit Fritz Glunk, Herausgeber der Kulturzeitschrift „Die Gazette“, erschienen. Was man dort über das geplante Freihandelsabkommen mit den USA erfährt, ist schier unglaublich: Es soll in Zukunft nicht mehr möglich sein, dass nationale Gesetze und Gerichte die Aktivitäten ausländischer Investoren beschränken. Und zwar durch Etablierung eines sogeannten „Schiedsgerichts“, bei dem Investoren die Staaten auf Schadensersatz wegen entgangener Gewinne verklagen können, sollten sie noch irgendwelche Beschränkungen in Gesetze oder Verordnungen gießen. Diesem Schiedsgericht sollen die Staaten sich explizit „unterwerfen“ – sprich: kein nationales Gericht kann gegen diese Entscheidungen angerufen werden.
Deutlich wird in dem Interview auch, dass die Konzerne und Verbände ganz offen gegen demokratische Willensbildung der Bevölkerungen eintreten:
„Die Rindfleischexporteure in den USA und der Verband der Milchproduktehersteller missbilligen, dass Produktstandards, also Anforderungen an die Produkte, in der EU nur auf politischen oder populären, statt auf wissenschaftlichen Gründen beruhen. Und auch europäische Spielzeugproduzenten und andere Verbände singen dieses Klagelied, es werde zu viel politisch entschieden und nicht technisch.
Man muss sich fragen, was bedeutet in all diesen Briefen das Wort „politisch“? Es kann nichts anderes bedeuten, als dass damit Regelungen gemeint sind, die auf demokratische Weise zustande gekommen sind, d.h. ein Parlament hat eine Vorschrift erlassen, eine Beschränkung eingeführt. Das wird, obwohl es demokratisch zustande gekommen ist, von diesen Industrieverbänden als „politisch motiviert“ bezeichnet und deshalb abgelehnt. „
Wir dürfen in Zukunft also nichts mehr wollen, fordern, und mittels des Parlaments Gesetz werden lassen, was nicht „wissenschaftlich bewiesen“ ist. Das ist in etwa so, wie im Mittelalter nichts gegen die Lehre der Kirche gesagt werden durfte, wollte man nicht der Inquisition anheim fallen.
Leider interessieren sich ziemlich wenige Mitbürger für so etwas „Kompliziertes“ wie ein Freihandelsabkommen. Man denkt allenfalls an den Schutz unserer Umweltstandards – und wenn es dann heißt, bestehende Regelungen würden ja nicht berührt, sind alle beruhigt. Zu Unrecht, wie man auch schon in der TAZ lesen konnte.
Aber im Wahlkampf ist ja ein „Stinkefinger“ so viel unterhaltender…
20. September 2013 um 16:32
Deshalb gibt es auch die „Stinkefinger“, um den Leuten die Augen zu wischen. Es gab nicht ein negatives Wort in den Medien über das Freihandelsabkommen, wenn das Thema überhaupt aufgegriffen wurde. Totschweigen in Perfektion!